Aderlass nach Hildegard von Bingen
Der Aderlass gehört zu den frühesten von Menschen angewandten Heilverfahren und ist bereits seit der Antike bekannt. Bernhard Aschner (1883-1969) sorgte für ein modernes Verständnis des Aderlasses. Statt den Aderlass so wie früher gegen jedes mögliche Leiden anzuwenden, sorgte Bernhard Aschner für ein modernes Verständnis des Aderlasses und definierte die genauen Anwendungsgebiete.
Heute wird der Aderlass bei Behandlungen angewendet, die die Fließeigenschaften des Blutes beeinflussen sollen. Er ist ein Umstimmungsmittel zur Behandlung von chronischen Erkrankungen Es werden nicht nur schädliche Stoffe im Blut wie z.B. Schlackenstoffe, Säuren und Gifte ausgeleitet sondern auch die „körpereigene Apotheke“ wird geöffnet, der Stoffwechsel und die eigenen Selbstheilungskräfte werden aus naturheilkundlicher Sicht aktiviert.
Hildegard von Bingen schreibt:
„ Sind bei einem Menschen die Gefäße mit Blut gefüllt, so müssen sie von dem Schleim und dem durch die Verdauung gelieferten Saft durch einen Einschnitt gereinigt werden …“ Wer aber viel Blut hat und völlig gefüllte Gefäße und sein Blut nicht durch einen Aderlass reinigt, dessen Blut wird wachsig und unkräftig werden, und so verfällt der Mensch in Krankheit.“
Wird ein Blutgefäß angestochen, tritt zuerst das schlackenreiche Blut aus. Die Farbe ist dunkelblau bis schwarz. Sobald die „Schwarzgalle und schlechte Säfte“ aus dem Blut geflossen sind, verändert sich die Farbe in hellrot. Dann wird auch schon der Aderlass beendet. In der Regel treten 50-120 ml Blut aus, also viel weniger als bei einer Blutspende. Durch den Nadelstich und den anschließenden Blutverlust gerät der Körper in eine ähnliche Schocksituation wie nach einem Unfall, wobei ein Reiz auf das Gehirn ausgeübt wird. Über die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) steuert der Organismus lebenswichtige, vegetative Funktionen wie den Blutdruck und die Herzfrequenz, den Wasser- Salz- und Energiehaushalt, die Atmung, den Wärmehaushalt und unser Hormonsystem.
Der richtige Zeitpunkt eines Aderlasses
Hildegard von Bingen definiert den Zeitpunkt so: „Er soll aber bei abnehmendem Mond zur Ader gelassen werden, also am ersten Tage wenn der Mond anfängt abzunehmen, oder am zweiten, dritten, vierten, fünften, oder sechsten Tage, und dann nicht mehr...“
Unsere körperlichen Funktionen sind kosmischen Gesetzen unterworfen. So wie der Mond auch Ebbe und Flut steuert, reguliert er auch den Säftehaushalt der Natur. Bei zunehmendem Mond steigen die Säfte in Bäumen und Früchten, und bei abnehmendem Mond gehen sie wieder in die Wurzeln zurück. Saat und Ernte werden von diesem Rhythmus beeinflusst. Ein früherer oder späterer Aderlass bringt daher nicht mehr soviel Nutzen.
Erstaunlich ist, wie deutlich man den Farbumschlag nur in den oben genannten Zeitraum beobachten kann. Ich führe den Aderlass deshalb bis zum sechsten Tag nach Vollmond durch.
Der Aderlass kommt aus der evidenzbasierten Medizin, landläufig auch Schulmedizin genannt und wurde dort bis zur Entwicklung der Apparatemedizin sehr oft genutzt. Er erfährt derzeit dort eine gewisse Renaissance, ist aber primär der Naturheilkunde vorbehalten. Wissenschaftliche Studien zur Wirkung und Wirksamkeit sind praktisch unbekannt.